Bei einem Kreuzbandriss handelt es sich um eine Ruptur des vorderen und / oder hinteren Kreuzbandes des Kniegelenks. Das vordere Kreuzband ist davon zehnmal häufiger betroffen als das hintere, insgesamt stellt ein Kreuzbandriss im vorderen Band sogar etwa 20 % aller Knieverletzungen dar. Die österreichische Ärztezeitung von 2017 schreibt: “Im Jahr 2014 wurden in Österreich 8.103 Kreuzbandrekonstruktionen verzeichnet; davon waren 4.943 Männer betroffen.” 2016 waren es bereits über 10.000.
Die Kreuzbänder erhielten Ihren Namen aufgrund Ihres sich überkreuzenden Verlaufs im Gelenk und verbinden den Oberschenkelknochen (Femur) mit dem Schienbein (Tibia). Sie dienen vor allem zur Stabilisierung des Kniegelenkes bei Drehbewegungen und wirken durch Ihren Verlauf einer zu starken Vorwärts-Rückwärts-Bewegung der beiden Knochen gegeneinander entgegen.
Wirken nun bei einem Sportunfall (Skifahren, Fußball, Tennis, Basketball, American Football etc.) zu starke Drehkräfte kombiniert mit einem Wegknicken des Kniegelenks ein oder kommt es zu einer zu starken Vorwärts- oder Rückwärtsbewegung des Unterschenkels gegenüber dem Oberschenkelknochen, kann es zu einem Kreuzbandriss kommen. Bei über 90% der Rupturen sind indirekte Traumen der Auslöser laut österreichischer Ärztezeitung.
Da mit Kreuzbandverletzungen auch häufig kombinierte Verletzungen, z.B. der Menisken oder der Knorpel im Kniegelenk auftreten, ist eine genaue klinische Untersuchung, kombiniert mit geeigneten bildgebenden Methoden (MRT) essentiell, um Begleitverletzungen nicht zu übersehen und so unnötigen Folgeschäden vorzubeugen.
Einige Patienten berichten von einem knackenden Geräusch oder einem “kurzen Knall”, wenn das Kreuzband reißt. Man empfindet einen stechenden Schmerz und in der Folge schwillt das Kniegelenk an. Vordere Kreuzbandrisse führen häufig zu einem Instabilitätsgefühl im betroffenen Knie. Patienten geben oft an, sie hätten das Gefühl, als würde das Gelenk einfach wegknicken. Man nennt das „giving way“ Symptomatik. Das Problem mit diesem unkontrollierten „Wegknicken“ ist jedoch, dass mit jedem „giving way“ weitere Verletzungen, wie Einrisse an den Menisken oder vor allem Knorpelschäden entstehen können, die das Gelenk nachhaltig schädigen. Unbehandelt führt dies langfristig zu einer Arthrose des Kniegelenks, ein vorzeitiger Gelenkverschleiß, der in einer Kniegelenksprothese enden kann.
Prinzipiell kann nach Riss des vorderen Kreuzbandes bei gewissen Patienten ein konservativer Therapieversuch unternommen werden. Nicht jeder Patient benötigt einen operativen Ersatz des gerissenen Bandes. Ziel der Behandlung ist hier vor allem eine gute muskuläre Stabilisierung des Gelenkes mit ausgiebigem Koordinationstraining. Einigen Patienten gelingt es so, das Kniegelenk ausreichend zu stabilisieren und „giving way“ Attacken zu vermeiden.
Gelingt dies nicht oder möchte der Patient vor allem wieder Sportarten ausüben, bei denen es häufig zu plötzlichen Richtungswechseln kommt (sogenannte Stop & Go-Sportarten wie Fußball, Basketball, Tennis, Squash, etc.), oder ist der Patient beruflich in großen Höhen tätig, in denen ein Fehltritt durch ein plötzliches Wegknicken mitunter fatale Folgen haben kann, so sollte doch eine operative Ersatzplastik des vorderen Kreuzbandes durchgeführt werden. Bei älteren Patienten, die einen eher geringeren sportlichen Anspruch haben, werden mit der konservativen Therapie häufig gute Erfolge erzielt und eine Operation ist nicht unbedingt nötig.
Sollte es zu einer Kreuzband OP kommen, gibt es verschiedene Techniken. Die operative Kreuzbandersatzplastik des vorderen Kreuzbandes wird heutzutage arthroskopisch durchgeführt (Schlüssellochchirurgie, Arthroskopie). Über 2-3 kleinste Hautschnitte und einen etwa 3cm Schnitt kann hier mittels Gelenkspiegelung das gerissene vordere Kreuzband schonend ersetzt werden. Dies geschieht entweder durch einen Teil der Kniescheibensehne mit zwei anhaftenden Knochenblöcken oder durch Sehnen aus dem Oberschenkelbereich (Quadrizepssehne oder Hamstrings = Semitendinosus- und Grazilissehne).
Eine der neueren Methoden ist die „All-inside“-Technik. Hierbei wird meist nur eine der beiden Sehnen aus dem Oberschenkel als Ersatz für das vordere Kreuzband benötigt und die Knochenkanäle werden in Form von Sacklöchern von innen nach außen gebohrt, was weniger Knochenverlust, mehr Gewebeschonung und häufig auch geringere postoperative Schmerzen, sowie eine schnellere Rehabilitation bedeutet. Diese schonende Methode wird erst von einigen Spezialisten angewandt, zeigt jedoch in geübten Händen sehr gute Erfolge.
Diese von mir mit Kollegen entwickelte und veröffentlichte Technik verwendet die Kniescheibensehne mit zwei anhaftenden Knochenblöcken zum Ersatz des vorderen Kreuzbandes. Das Spezielle dabei ist jedoch, dass die Knochenkanäle mit Hohlfräsen gebohrt werden und so kaum ein Knochenverlust entsteht. Sämtliche Entnahmestellen werden wieder mit eigenem Knochen aufgefüllt, der aus der Hohlfräse gewonnen wird. Zusätzlich können die am neuen Kreuzband anhaftenden Knochenblöcke in den neuen Knochenkanälen ohne störende Schrauben wieder einwachsen, sie werden mit Eigenknochen verblockt. Es befindet sich also im Kanal nur „Bone on bone“, was biologisch von Vorteil ist.
Detaillierte Infos zu dieser Technik können Sie in unserer Publikation “Bone-on-Bone Anatomic Patellar Tendon Graft Anterior Cruciate Ligament Reconstruction: A Reproducible Technique Combining Press-Fit and Extracortical Fixation” in englischer Sprache auf ScienceDirect nachlesen. Dort finden sich auch detaillierte Bilder zum Verfahren.
Unabhängig von der gewählten Methode ist eine konsequente und fundierte Physiotherapie nach jeder Kreuzbandoperation essentiell für den Erfolg des Eingriffs, sowie das klinische und funktionelle Ergebnis. Und somit letztendlich auch für die Patientenzufriedenheit.
Eine Ruptur des hinteren Kreuzbandes ist weit seltener als vordere Kreuzbandrupturen und kann häufig vorerst mit einer Schiene gut konservativ behandelt werden. Diese Therapie reicht in vielen Fällen aus, da das hintere Kreuzband aufgrund einer besseren Durchblutung eine weit bessere Selbstheilungstendenz aufweist als das vordere Kreuzband, bei dem es praktisch kaum zur Selbstheilung kommt.
Bleibt bei hinterer Kreuzbandruptur nach Schienenbehandlung und Physiotherapie ein Instabilitätsgefühl zurück, welches sich hier eher mit einem übermäßigen Durchstrecken des Gelenks beim Gehen äußert, so kann auch hier eine arthroskopische Bandersatzplastik mit körpereigenen Sehnen durchgeführt werden um die Instabilität und dadurch entstehende weitere Knorpelschäden zu vermeiden.
Ursachen | Symptome | Behandlung |
---|---|---|
Drehkraft mit "Wegknicken" im Kniegelenk | evtl "Knacken" oder "Knall" | evtl konservativ - v.a. bei Riss des hinteren Kreuzbandes |
starke Gegenbewegung zw. Ober- und Unterschenkel | "giving-way"-Symptom | operativ: - all-inside Technik - bone on bone Technik |